Fides nostra victoria

Fides nostra victoria

Sonntag, 22. Mai 2011

Das Kreuz der Sünde

Das Kreuz der Sünde

Wenn mein Mund das Wort Sünde ausspricht, so spricht er damit das Hässlichste und Schlimmste aus, was es auf Erden gibt. Alles andere kann ein Unglück für uns sein, die Sünde aber ist das Unglück für die Menschheit. Sie hat elend gemacht die Völker. Sie trennt uns mehr oder weniger von Gott, unserem letzten Ziele. Sie ist die Auflehnung gegen Gott, den höchsten Herrn. Sie ist ein abscheulicher Undank gegen unseren  gütigsten Vater. Sie ist unbegreifliche Torheit des irrenden Menschenherzens.
Nichts auf Erden schadet uns mehr als die Sünde, und nichts klammert sich eigensinniger an unsere Fersen als die Sünde. Sie wanderte mit den Menschen über die Erde seit dem Tage, da sie das Paradies verlassen mussten. Und mögen sie hinaufsteigen auf die höchsten Höhen, mögen sie sich zu verbergen suchen in den tiefsten Schächten der Erde, überall steht die Sünde vor ihnen, schauen sie ihr in das hässliche Antlitz. Und blicken wir zurück auf unser eigenes Leben, so sehen wir sie an unserem Wege stehen wie düstere Meilensteine. Mochten alle uns verlassen, die Sünde blieb bei uns, sie war unsere treueste Gefährtin durch das Leben. Und wandern wir in Gedanken zurück durch die Tage der Vergangenheit, erleben wir noch einmal all das, was gewesen, so werden wir leider feststellen müssen, dass die Sünde dabei eine große Rolle gespielt hat. Kaum ein Ort, den unser Fuß betreten, den wir nicht durch irgendeine Sünde entweiht hätten; kaum ein Spiel, ein Vergnügen, das wir nicht durch irgendeine Schuld befleckten; kaum eine Person, die unseren Weg kreuzte, der wir nicht irgendwie zum Stein des Anstoßes wurden.
Es ist wahr, die Sünde ging immer mit uns. Obwohl wir sie nicht liebten, obwohl wir sie im innersten Herzen hassten und fürchteten. Und darunter litten wir. Wir wollten das Gute, und doch könnten wir mit Brentano sagen: "Mein Pass ist nach dem himmlischen Jerusalem ausgestellt, aber an allen Stationen habe ich Halt gemacht."
Das Böse, das wir nicht wollen, haben leider sooft getan, und das Gute, das wir wollten, haben wir unterlassen. Es ist die eine alte Klage, die schon durch das graue Altertum hallte, aber auch in beredten Worten vom heiligen Apostel Paulus ausgesprochen wurde. Ein kleiner Trost für uns. Wir sind nicht allein mit unserm Kreuz. Die meisten Menschen, die als Brüder und Schwestern neben uns zum Himmel wallen, tragen an demselben Kreuz, stimmen dasselbe Klagelied an. 
Solange wir in diesem Tale der Tränen wandern müssen, werden wir auch immer mehr oder weniger unter diesem Kreuze zu leiden haben. Unser Leben ist weiter nichts als ein rastloses Ringen und Kämpfen, ein unablässiges Auf- und Niederwogen und sieghaftes Aufwärtsstreben, das abgelöst wird von zaghaftem Niedersinken und hoffnungsloser Mutlosigkeit.
Viele Menschen finden sich damit ab. Sie wissen, dass das Leben ein Kampf sein muss, dass das Himmelreich Gewalt leidet, dass wir hienieden in Tränen säen müssen, um einmal in Freuden zu ernten. Sie wundern sich gar nicht über den Kampf, aber sie sind entschlossen, mit eiserner Stirne ihn auszutragen. Doch nicht jedermann ist eine solche Kämpfernatur. Gar zu bald sind viele des Kämpfens müde. Den Himmelsweg durch schöne lachende Ebenen gingen sie gerne, aber nicht den über rauhes Gestein, wo hinter jedem Felsen eine Gefahr lauert. Darum lassen sie das Kämpfen sein, lassen sich lächelnd forttreiben auf den weichen Wogen des Lebens.
Andere wieder kämpfen wohl weiter, aber es ist ein Kämpfen, dass einem das Herz dabei wehtun kann. Sie tun es, weil sie müssen, weil sie sich gegen die Sünde wehren wollen; aber es ist kein freudiges Kämpfen, das hochgemut von Sieg zu Sieg eilt. Selbst am Siege haben sie keine Freude. Denn sie denken nicht daran, dass der Feind unterlegen ist, sondern dass er wieder aufsteht zu neuem Kampfe. Dass sie dann auch wieder neue Kräfte haben werden, kommt ihnen nicht in den Sinn. Immer sehen sie nur auf ihre Schuld, und ihre liebste Beschäftigung ist es, immer wieder ihre Schulden zusammenzuzählen,  bis vor ihrer Seele sich die Sünden auftürmen wie hohe Bergwände, über die kein Weg zu Gott führt. Düstere Mutlosigkeit und Verzweiflung umkrallt ihre Seele. Denn wohin sie schauen, überall nur Sünde und nichts als Sünde. Sie haben den Mut verloren. Werden ihres Glaubens nicht mehr froh. Beobachten die Gebote, aber nicht wie frohe Kinder Gottes, sondern seufzend und stöhnend, wie Sklaven, die unter einer schier unerträglichen Last einherziehen. Die ganze Welt kommt ihnen vor wie ein großes Netz, vor dessen Maschen sie sich nicht schützen können. Überall sehen sie den Teufel, der lauernd steht, ob sich nicht wieder eine Menschenseele in den Maschen gefangen hat. 
Arme Menschen, die so denken und fühlen! Deren Leben wie ein ernstes Trauerlied klingt. Es brauchte nicht zu sein. Auch jene, die gesündigt haben, dürfen wieder froh sein. Und ich habe mir vorgenommen, in diesem Büchlein ein paar Worte zu schreiben zu dieser Sache, um dir zu zeigen, was du mit deinen Sünden und Fehlern machen sollst.
_________________________________________________

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen